Gesundheitliche Probleme bei Kindern sind in den letzten Jahren signifikant angestiegen, und das liegt hauptsächlich an der Veränderung unserer Umwelt. So lautet das Fazit eines kürzlich vom Pesticide Action Network (PAN) veröffentlichten Bericht mit dem Titel »Kids on the Frontline« (»Kinder an vorderster Front«), der detailliert die schädlichen und potenziell tödlichen gesundheitlichen Folgen von Pestiziden auf amerikanische Kinder beschreibt.
Anhand staatlicher Daten zur gesundheitlichen Entwicklung und neuer akademischer Forschungsergebnisse ermittelte das PAN, dass die Fälle von Krebs, Autismus, Entwicklungsstörungen, ADHS, Diabetes und Fettleibigkeit in den letzten dreieinhalb Jahrzehnten signifikant gestiegen sind.
Insbesondere Krebs im Kindesalter ist in ländlichen Gegenden, wo regelmäßig Pestizide ausgebracht werden, auf dem Vormarsch. Zwischen 1975 und 2012 stiegen die Krebsfälle bei Kindern im Alter von null bis 19 Jahren um ganze 36 Prozent an.
Der Zusammenhang von Pestiziden und neurologischen Entwicklungsstörungen wird immer deutlicher
»Die Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Pestiziden und einem erhöhten Leukämie- und Hirntumorrisiko erhärten sich mehr und mehr. Neue ›Metaanalyse‹-Studien weisen auf ein gestiegenes Risiko von Kindern in ländlichen und landwirtschaftlich geprägten Regionen hin. Das Auftreten dieser zwei Krebsarten ist signifikant gestiegen im Vergleich zu andere Krebsarten im Kindesalter«, heißt es in dem Bericht.
Auch Gesundheitsprobleme, die mit pränataler (vorgeburtlicher) Pestizidexposition in Zusammenhang stehen, nehmen ständig zu. Immer mehr Hinweise belegen den Einfluss der Pestizidexposition im Mutterleib auf die Entwicklung des kindlichen Nervensystems. Schon 2012 war dieser Zusammenhang deutlich, so PAN, inzwischen ist er jedoch noch offenkundiger geworden.
»Neue Studien bringen das erhöhte Risiko für Entwicklungsstörungen und -verzögerungen – darunter die Autismus-Spektrum-Störung – in Zusammenhang mit der pränatalen Nähe zu landwirtschaftlichen Flächen, auf denen Pestizide versprüht werden«.
Kinder in landwirtschaftlichen Regionen kriegen sozusagen eine »doppelte Dosis« dieser Pestizide ab. Vermehrt durch Verwehungen der in Schulen, Parks und Gärten eingesetzten Gifte als auch durch die Nahrung und dem mit landwirtschaftlichen Chemikalien verunreinigten Wasser.
»In manchen Fällen wirken auch ökonomische und soziale Stressoren auf diese Kinder ein, die die gesundheitlichen Schäden durch die Chemikalien noch verschlimmern. Überall in den USA stehen die Kinder an der vordersten Front der Pestizideinwirkung«, konstatiert der Bericht.
Wie schützt man die Kinder vor Pestiziden?
Laut den Forschern kann man Kinder am besten vor Pestizidschäden bewahren, indem man »die Ausbringung von Pestiziden landesweit dramatisch einschränkt«. Dies ist »sowohl durchführbar als auch längst überfällig«, so PAN. »Die Aufgabe, Kinder vor gefährlichen Chemikalien zu schützen, darf nicht den einzelnen Familien aufgebürdet werden; hier ist die Politik gefordert«.
Seit über 100 Jahren drehen sich die Vorschriften zu Pestiziden um ein Ziel: die Produkte schnell und gewinnbringend auf den Markt zu bringen.
Deshalb werden – laut Regierungsdaten von 2007, den jüngsten für die Forscher zugänglichen – Jahr für Jahr mehr als 300 000 Tonnen Pestizide auf Äckern und Feldern ausgebracht. Wenn man die nicht-landwirtschaftliche Verwendung von Pestiziden einrechnet, schnellt diese Zahl bis auf eine Million Tonnen hoch.
»Immer deutlicher werden die Hinweise darauf, dass viele dieser Chemikalien auch bei geringer Exposition der menschlichen Gesundheit schaden – und die in der Entwicklung begriffenen Körper der Kinder sind besonders anfällig. Zunehmend wird auch offenkundig, dass alternative, weniger chemisch-intensive Anbaumethoden nicht nur machbar sind, sondern auch die Widerstandsfähigkeit der landwirtschaftlichen Produktion stärken würden«.
Laut PAN ist es an der Zeit, dass die Behörden »ein ambitioniertes landesweites Reduktionsziel bezüglich landwirtschaftlicher Pestizide« setzen. Dieses Reduktionsziel sollte vor allem jene Pestizide betreffen, die Kindern am meisten schaden. Wenigstens sollte rund um Schulen, Kindertagesstätten und andere »sensible Plätze« in der Nähe von Landwirtschaftsbetrieben, die Chemikalien einsetzen, pestizidfreie Pufferzonen entstehen.
Und schlussendlich müssen wir laut PAN in eine gesunde, innovative Landwirtschaft investieren. »Wir müssen Bauern, die aus der Pestizid-Tretmühle heraustreten wollen, maßgebliche und sinnvolle Unterstützung, Motivation und Anerkennung zukommen lassen. Landesweite und bundesstaatliche Programme müssen an erster Stelle die gesundheitsfördernde, nachhaltige und widerstandsfähige Agrarproduktion fördern«.
Der politische Einfluss von Konzernen wie Monsanto muss beschnitten werden
In einem weiteren wichtigen Schritt muss es aufhören, dass multinationale Lebensmittelkonzerne Einfluss auf die Politik ausüben, konstatiert das PAN.
»Diese multinationalen Unternehmen haben gewaltige Kontrolle darüber, wie wir unsere Lebensmittel anbauen – von der Bestimmung über Forschungsprogramme öffentlicher Institutionen bis hin zu Produktion und Vertrieb landwirtschaftlicher Materialien wie Saatgut, Dünger und Schädlingsbekämpfungsmittel.
Es überrascht wohl kaum, dass dieselben Konzerne auch die politische Arena dominieren. Sie investieren alljährlich Millionen Dollar, um Wähler und Entscheidungsträger auf lokaler, bundesstaatlicher und landesweiter Ebene zu beeinflussen.
Ihr Ziel ist es, den Markt für Saatgut, Pestizide und andere agrochemische Produkte offen zu halten. Als Reaktion auf die wachsende Sorge im Land über gesundheitliche Folgen von Pestizidprodukten investiert die Pestizidindustrie viel Geld in PR-Kampagnen, um die öffentliche Diskussion rund um Lebensmittel und Landwirtschaft zu beeinflussen«, fasst der Bericht zusammen.
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