Zwei Worte, die wie leere Patronenhülsen zu Boden fallen: Gunung Padang – sie könnten den Anfang vom Ende unseres althergebrachten Geschichtsbildes bedeuten. Schon seit vielen Jahren ist Gunung Padang in West-Java als größte indonesische Megalithstätte bekannt. Der Geologe Danny Hilman Natawidjaja glaubt sogar, hier Überreste der ältesten Pyramide der Welt gefunden zu haben. Jetzt bekräftigt er seine These, während wiederholt Skeptiker auf den Plan treten und sowohl seine Theorie als auch seine Grabungsaktivitäten kritisieren.
Dr.
Danny Hilman Natawidjaja ist davon überzeugt: Ein ungewöhnlicher Hügel
in der exotischen Landschaft von West-Java birgt die Relikte einer
uralten Pyramide, erbaut in einer Epoche, die mindestens 9000 Jahre
zurückliegt, vielleicht sogar über 20 000 Jahre, so vermutet der
Forscher. Demnach wären die an diesem Ort entdeckten regelmäßigen
Terrassen keinesfalls natürlich entstanden. Was hier zwischen
Vulkanstümpfen, Teeplantagen und Bananenblättern aufragt, seien vielmehr
Hinterlassenschaften einer einstigen Hochkultur. Fakt ist, dass diese
Region viele megalithische Monumente zu bieten hat. Sie gilt als die
größte derartige Anlage in Indonesien.
Holländische
Kolonisten waren die ersten Europäer, die in neuerer Zeit wieder auf
diese archäologische Schatztruhe aufmerksam wurden. Das war vor nunmehr
ziemlich genau einem Jahrhundert, im Jahr 1914. Zumindest erwähnte
damals die niederländische Antikenabteilung die Stätte in ihren
Berichten. Ab dem Ende der 1970er-Jahre fanden dann umfangreichere
archäologische Arbeiten in Gunung Padang statt.
Die
Monumente liegen beim Dorf Karyamukti, rund 120 Kilometer südlich von
Jakarta und 50 Kilometer südwestlich der Stadt Cianjur, unweit des
Gede-Pangrango-Vulkans. Rund 900 Meter über dem Meer erheben sich am
Gunung Padang mehrere Terrassen über 95 Meter Höhe, die von Steinwällen
eingesäumt sind. Überall liegen lange, rechtwinklig begrenzte Blöcke aus
dunklem Vulkangestein – Pfeiler aus Andesit, einem Vulkanit mittleren
Siliziumdioxidgehalts.
Den
Einheimischen gilt diese Stätte als heiliger Ort, an dem einst der
halbmythische König Siliwangi in nur einer Nacht einen Palast habe
errichten wollen. Zwar lebte in der Zeit um 1500 n. Chr. tatsächlich ein
König namens Sri Badugua Maharaja, der weithin als »Siliwangi« bekannt
war, doch gehen Legenden um ihn oder aber um einen gleichnamigen
Vorgänger bis auf die mythische Ära sundanesischer Götter zurück. Der
Herrscher sei auch in der Lage gewesen, sich in den heiligen Tiger zu
verwandeln. Es wird zudem überliefert, Siliwangi sei verschwunden, um zu
einem Geist zu werden.
Gunung
Padang ist in vieler Hinsicht faszinierend und archäologisch von hoher
Bedeutung, gar keine Frage. Dr. Hilman Natawidjaja, führender
Wissenschaftler am Indonesischen Zentrum für geotechnische Forschung,
hebt die Außergewöhnlichkeit dieses Ortes allerdings noch deutlicher
hervor. Seine Theorien gehen weiter als diejenigen der meisten
Archäologen, ist er doch überzeugt, hier auf die älteste Pyramide der
Welt gestoßen zu sein, errichtet für rituelle Zwecke, für die
Beobachtung des Sternenhimmels. Auch andere Fachleute finden dort
Anzeichen für geomantische und astromantische Bezüge, doch könnte das
Bauwerk auch anderen Zwecken gedient haben.
Archäologen
gehen anhand der Form der Megalithen davon aus, die Anlage müsse
zwischen 2500 und 1500 v. Chr. errichtet worden sein, auch wenn
Untergrundstrukturen wesentlich älter geschätzt wurden: in drei Meter
Tiefe auf 6500 Jahre, in vier Meter Tiefe dann sogar auf beinahe das
Doppelte mit rund 12 500 Jahren. Wie Geologe Dr. Hilman meint, könnten
die Monumente noch merklich älter sein. Das wäre dann in der Tat eine
archäologische Sensation.
Sollte
sich die Theorie insgesamt bestätigen, auch zur Natur des Hügels,
dürfte jene Terrassenstruktur von Gunung Padang als die älteste bekannte
Pyramide der Welt bezeichnet werden. Jedenfalls ist Dr. Natawidjaja
sicher: Die Beweise für die komplexe Organisation des Bauwerks liegen
unter der Erde verborgen. Verschiedene Messungen, unter anderem mit
bodendurchdringendem Radar, liefern bereits Hinweise auf einen Hohlraum
von rund zehn Meter Kantenlänge. Auch scheint es dort Türen und Gänge zu
geben.
»Die
Leute denken, das prähistorische Zeitalter sei primitiv gewesen«, so
kommentiert der Geologe. Aber, so fügt er hinzu, »dieses Monument
widerlegt das«. Eine solche Pyramide wäre der Beweis einer weit
entwickelten uralten Zivilisation in Java. Der in Stufen angelegte Bau
sei das Werk von Menschenhand, sei vor langer Zeit wohl von vielen
Generationen und über Jahrhunderte hinweg errichtet worden. Von Menschen
geschaffene Strukturen habe man gegenwärtig bis in eine Tiefe von rund
15 Metern nachweisen können. Nun gehe es darum, die Authentizität der
gesamten Stätte nachzuweisen und natürlich auch mehr über die
Ursprungszeit in Erfahrung zu bringen.
Natürlich
ist das mit dem Alter immer so eine Sache. Per Radiokarbon-Datierung
lässt sich Gestein selbst ohnehin nicht datieren, da beißt der Forscher
gleichsam auf Granit, denn die Methode ermöglicht lediglich eine
Überprüfung von biogenem Material. Natürlich finden sich unter anderem
auch zwischen dem ägyptischen Pyramidengestein alte organische Reste,
beispielsweise Holzkohle von der Mörtelherstellung.
Mit
diesen Proben ermittelte seinerzeit der lange Jahre in Gizeh forschende
Archäologe und Hawass-Protegé Mark Lehner ein um etliche Jahrhunderte
höheres Alter der riesigen Monumente. Je weiter man aber in der Zeit
zurückgeht, desto unzuverlässiger wird das Verfahren. Überhaupt gibt es
dabei so manche Faktoren, die das Ergebnis stark verfälschen können.
Archäologen bemühen sich daher, aus dem historischen Umfeld, aus
bestimmten Merkmalen von Fundstücken, der Art der Bearbeitung von
Gestein oder aus dessen Erhaltungszustand sowie anderem mehr auf das
Alter zu schließen. Manchmal helfen auch astronomische Alignments der
Megalithblöcke weiter, aber was ist schon wirklich sicher?
Am
Gizeh-Plateau bei Kairo, existieren allerdings mittlerweile viele
Hinweise darauf, dass diese Monumente einschließlich der rätselhaften
Sphinx wesentlich älter sind als von der etablierten Ägyptologie
angenommen. Wenn auch die Überbauten möglicherweise tatsächlich auf die
vierte Dynastie datieren, tief im Inneren der Pyramiden wie auch
andernorts auf dem Plateau und an der Sphinx finden sich bemerkenswerte
Spuren sowie Indizien für ein erheblich höheres Alter. Auch geologische
und klimatologische Erkenntnisse spielen dabei eine Rolle. Doch einst
konterte Ägyptens langjähriger Chef-Archäologe Zahi Hawass angesichts
solcher Aussagen, die Geologen sollten dann auch eine entsprechend alte
Kultur vor Ort nachweisen.
Wo
die nur geblieben sei, das hätte er gerne gewusst. Nun, diese Frage lag
gewiss kaum mehr im ureigensten Aufgabenbereich der Geologen, die
lediglich aus ihrer Sicht auf Erosionsmuster und andere geologisch
feststellbare Unstimmigkeiten der Chronologie hinwiesen. Hier sollten
eigentlich doch eher wieder die Archäologen gefordert sein.
Was
nun Gunung Padang betrifft, wird es mit der Angabe eines präzisen
Alters auch nicht gerade leicht. Das aber hat ganz eigene Gründe. Die
Datierung eines alten Bindemittels, das zwischen einigen Felsblöcken
gefunden wurde, ergab laut Radiokarbon-Methode ein Alter zwischen rund
13 000 und 23 000 Jahren. Das gefundene Zement-Material weist eine
interessante Zusammensetzung auf: Zu 45 Prozent enthält es
Eisenminerale, zu 41 Prozent Silikatminerale. Den Rest machen Tone und
ein Kohlenstoffbestandteil aus.
Ein
gutes Rezept, um Steine wirksam zu verbinden, so sagt auch Danny H.
Natawidjaja. Bemerkenswert ist gerade der hohe Silikatanteil. Er belegt,
dass dieser Zement nicht einfach ein Zufallsergebnis aus der
Verwitterung der Andesit-Säulen ist, die einen wesentlich geringeren
Anteil aufweisen. Auch der Eisengehalt im »Gunung Padang-Zement« erweist
sich als unnatürlich hoch. Diese Tatsache spricht sowohl für eine
gezielte Herstellung durch Menschenhand als auch darüber hinaus für
metallurgische Kenntnisse.
Dieser
Eindruck wird ebenfalls durch den Fund eines rund 25 Zentimeter großen,
rostigen Metallklumpens am Osthang der Padang-Erhebung verstärkt. Was
die Altersfrage betraf, war vor allem der Kohlenstoff von Interesse. Die
Proben wurden von einem renommierten Labor im US-amerikanischen Miami
analysiert, wobei die erstaunlich hohen Werte ans Licht kamen.
Kernbohrungen
ergaben ihrerseits einen mehrschichtigen Aufbau der gesamten Struktur.
Vergleiche mit den Bodenablagerungen ließen auf mehrere Bauabschnitte in
der Zeit vor etwa 22 000 bis 20 000 vor unserer Zeit sowie 14 700,
9600, 4700 und letztlich dann 2800 vor unserer Zeit schließen. Diese
jüngste Epoche führt dann erst zu den heute noch sichtbaren
Megalithstrukturen und zum vielfach angenommenen geringeren Alter der
Anlage. Übrigens wurden auch etliche Ausrichtungen auf helle Sterne und
Konstellationen gefunden: auf den Polarstern, auf Dubhe im Großen Bären,
Wega in der Leier und Deneb im Schwan. Vermutungen gehen sogar dahin,
die prähistorischen Sternkundigen hätten eine heute als Cygnus Rift
bekannte, auffällige Dunkelwolke unserer Milchstraße ebenfalls durch
Megalithenanordnung ins Visier genommen.
Jenes
manchmal auch als »nördlicher Kohlensack« bezeichnete Gebilde beginnt
im Sternbild Schwan und erstreckt sich in südliche Richtung bis hin zum
Milchstraßenzentrum, um die direkte Sicht dorthin zu blockieren.
Natürlich lassen sich die prähistorischen stellaren Zusammenhänge nur
erahnen, gerade, wo vieles noch im Verborgenen liegt und die Bauzeit so
extrem lang war. Doch scheint es mittlerweile gute Gründe zu geben, ein
sehr hohes Alter und einen künstlichen Ursprung des Hügels von Gunung
Padang anzunehmen.
Natawidjaja
ist sich mittlerweile sicher, hier die Beweise für eine uralte und weit
entwickelte Zivilisation entdeckt zu haben. Doch genau damit haben
einige Archäologen immer wieder ihre Probleme. Man habe in einer
nahegelegenen Höhle sehr primitive Knochen-Werkzeuge gefunden, die aus
der Zeit vor etwa 9500 Jahren stammten. Die alte Kultur könne demnach
nicht so weit entwickelt gewesen sein, so lautet die unmittelbare
Schlussfolgerung. Einheimische Altertumskundler zeigen sich insgesamt
wenig erfreut über die Ausgrabungen Dr. Hilmans. 34 indonesische
Archäologen haben sein Projekt im Rahmen einer Petition bereits im Jahr
2013 kritisiert, sowohl hinsichtlich der Methodik als auch der
Motivation.
Der
Erhalt jener Stätte sei dadurch in Gefahr. Sie äußern auch ihre
Verärgerung über die mögliche Beteiligung ziviler Forscher an der
weiteren Untersuchung. Und der Vulkanologe Sutikno Bronto lehnt die
Pyramidentheorie komplett ab. Der Hügel sei nichts als der Stumpf eines
alten Vulkans, die Steine seien ein natürliches Verwitterungsprodukt und
keineswegs von Menschen einer frühen Epoche bearbeitet worden. Gunung
Padang, wieder so ein Fall von »Was nicht sein darf, kann nicht sein«?
Abwarten und Java-Tee trinken wird da alleine kaum weiterhelfen.
Video:
Niemand weiß genau, wann das mysteriöse Megalith-Bauwerk auf
Indonesiens Hauptinsel Java errichtet wurde – doch Alterbestimmungen mit
Hilfe der C14-Methode lassen darauf schließen, dass die Kultstätte vor
mehr als 20.000 Jahren entstand – weit vor den bislang bekannten
ältesten Fundorten. Doch nicht nur das: Auch die vor Ort gefundenen
Artefakte geben den Forschern Rätsel auf. Wer erbaute Gunung Padang und
zu welchem Zweck?
Quelle: PravdaTV
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