Der Lauf
Ich schaue
auf die Uhr, es ist schon 17:04, es hat mich wieder das Gefühl durchdrungen wenig Zeit zu haben. Ich merke, meine Gelenke
sind noch nicht aufgewärmt und mein linkes Sprunggelenk knackt wieder, der alte
Bruch macht sich bemerkbar, ooh, das wird wieder wehtun.
Ich laufe jetzt los obwohl
mein Körper zu mir sagt "Hör damit sofort auf".
Die ersten
paar hundert Meter machen mir trotzdem Spaß.
Die Kälte
dringt durch die Kleidung, na ja hätte ich mir mindestens die Handschuhe
anziehen sollen. Die Pferde auf der Wiese machen auch nicht den Eindruck als
hätten sie viel Spaß. Ich habe die Bilder noch vom Sommer vor mir wie sie
voller Energie durch die Wiese galoppieren und die Fohlen miteinander spielen.
Der
Pferdestahl um die Ecke zeigt mir immer wieder die verdrehte Ansicht vieler
Menschen von gerechter Tierhaltung, grausam.
Ich komme
an der Kurve etwas näher an den Elektrozaun, es wird für mich wieder die
Spannung in der Luft spürbar, die die Drähte erzeugen.
Mein Atem
reguliert sich sehr schnell, so wie ich das gelernt habe während jahrelangen Trainningsstunden
als man aus mir eine Kampfmaschine machen wollte.
Ich brauch mindestens
jetzt nicht mehr barfuß durch den Schnee zu laufen....
Die Lichter
der Autos von der Straße die ich überqueren muss, kommen immer näher.
Wie immer
kann ich ohne anzuhalten über die Straße laufen, die Frage wie das überhaupt
geht stelle ich mir nicht mehr. Die Verschmelzung mit der Umgebung kommt automatisch zu Stande.
Das kleine
Wäldchen blockiert das schon sowieso knappe Sonnenlicht, mein Atem hat jetzt
perfekte Frequenz und ich merke, wie das Laufen zur Nebensache wird.
Ich nehme
kaum die Bäume an den ich vorbei komme wahr. Ein Gedanke erscheint in meinem
Kopf
4,5 Milliarden
Jahre .... ich sehe die Lava unter meinen Füßen und den Vulkan vor mir, in demselben
Moment schwebe ich über der Erde und schaue auf das volle Leben da unten.
Alles geschieht
im jetzt, habe überhaupt kein Zeitgefühl mehr. Zeit, was ist das?
Vollkommende
Glückseelichkeit, Harmonie und etwas Nebel umgibt mich, der aber pur Energie
ist. Ich sehe die Sonne über mich durch einen leichten Schleier.
Ich bin
seit Beginn hier und werde immer sein und viele Andere mit mir, auch die
nächsten 4,5 Milliarden Jahren.
Unbekannte
Lichter kommen kurz im Bereich meiner Außenwahrnehmung und eine Absperrung.
Habe das Gefühl, der Mann in dem Wagen davor, der gerade das Fenster runter
gelassen hat, wollte gerade mich warnen. Der Bahnübergang ist gesperrt, höre
ich seine Gedanken..
Ich laufe
an der Absperrung vorbei über die Gleise und
überquere die nächste Absperrung. Er tut mir einen kurzen Moment leid.
Die Stille
umgibt mich wieder, ich sehe den Mond und spüre das erste Mal so was wie Angst
und die Kälte. Etwas Fremdes ist hier und der Nebel ist weg. Ich verliere jetzt
die Verbindung mit Ganzem, bin alleine, verlassen.
Eine Reise
beginnt, am meisten werde ich die Erde vermissen aber ich weiß ich muss gehen
und viel lernen für das was kommen wird, für die Erfahrung bin sehr dankbar…
Ich stehe
über einem durchsichtigen Boden und schaue in die Sterne. Ich fühle eine
Mischung zwischen großer Spannung und Glück. Die Sterne meiner Heimat kommen
näher, ja
es ist so weit, wir sind wieder da. Die Hüter sind zurückgekommen.
Gleich
hinter nächster Kurve ist mein Haus, ich kann jetzt aber den Lauf nicht unterbrechen,
es geht nicht, auf keinem Fall!
Laufe also
weiter geradeaus denn ich habe wieder die Blume in meiner Hand.
Das kenne
ich schon, habe schon mal davon geträumt, die Blume und das Beet vor mir. Ich pflanze
die Blume ein und schaue wieder nach oben, da steht sie im Licht der
aufgehenden Sonne, die Stufenpyramide. Jemand sagt was zu mir aber das Bild
verschwindet wieder.
Ich weiß
jetzt, ich bin angekommen und bereit auf Alles was kommt.
Mein Herz
pocht und bin außer Atem, als ich die Haustür aufschließe, vor mir steht sofort
meine kleine Tochter und will mir ein Bild zeigen was sie zusammen mit Mama
gemalt hat.
Es sind
drei Tage vergangen aber der Lauf geht mir nicht aus dem Kopf.
Ich muss
die ganze Zeit darüber nachdenken was das war. Nicht mal beim Meditieren habe ich so
was erlebt. Und auf einmal geht mir das Licht auf, ich weiß was mir die Seele
mitteilen wollte.
Ich greife
nach dem Tablet der vor mir auf dem Tisch steht.
Es wird bald geschehen, sehr bald. Das müssen jetzt
Alle erfahren!
Revoltage.
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